Verpacken mit Macken

Wenn man beim Einkaufen besondere Ansprüche an das gesuchte Produkt stellt oder genaue Vorstellungen hat, wird man häufig vor ein nicht zu lösendes Problem gestellt: das Ding ist einfach nirgendwo zu finden. Nicht im Supermarkt, nicht im Fachgeschäft. Nicht einmal im Trödelladen nebenan, dessen Besitzer ständig stur behauptet, alles zu haben. Einzige Lösung: Das Internet! In den tiefen Abgründen des World Wide Web findet man alles, was man irgendwie gebrauchen könnte. Oder für was man eine angebrachte Nutzungsweise erst noch erfinden müsste. Insbesondere nach der Schließung vieler Geschäfte in den letzten Monaten war das Internet ohnehin für viele der einzige Ort, das Objekt der Begierde zu finden.

In unserem Fall begann alles mit Erdnussbutter. Genau, dem cremigen Brotaufstrich, der so manche Backware deutlich aufwertet. Oder komplett zerstört. In den Supermärkten in einem zumutbaren Gehradius findet man zwar schon ein paar Optionen, aber eben nicht genau die Sorte, die man unbedingt haben möchte. Bio, ohne Zucker, im Glas mit Aluminiumdeckel. Bei den wichtigen Dingen soll man ja keine Kompromisse machen.

Beim Onlinehändler des Vertrauens geht dann auch alles ganz schnell. Gesucht, gefunden, doppelt in den Warenkorb gelegt. Damit sich der Einkauf auch lohnt. Dann noch über ein Spendenprogramm den eigenen Verein unterstützt und mit gutem Gewissen zurückgelehnt. In freudiger Erwartung auf die bald ankommende Erdnussbutter. 

Dann endlich ist der große Tag da. Der Paketbote klingelt. Doch als er sich die Treppe mit dem Paket hochkämpft, macht sich erstmal Verwunderung breit. Die Größe des Pakets lässt darauf schließen, dass man nicht zwei, sondern zwanzig Gläser bestellt hatte. Oder dass es sämtliche Weihnachtsgeschenke für die Familie beinhaltete. Und für alle Freunde. Und entfernte Bekannte. Auch für nächstes Jahr. Und das darauf. Hatte man noch etwas anderes bestellt? Nein. Kommt die Erdnussbutter in Riesengläsern? Eigentlich auch nicht. 

Aber gut. Vielleicht erklärt sich alles von selbst. Also einfach mal das Paket öffnen. Wobei einfach nicht das richtige Wort ist, wenn man vor Schreck fast einen Herzinfarkt bekommt, weil einem beim Öffnen eine zehn Meter lange Papierschlange entgegenspringt. Echt nichts für schwache Nerven, so eine Online-Bestellung. Wenn der Puls dann wieder im Normalbereich angekommen ist, stellt man fest, dass man wohl zehnmal so viel Luft bestellt hatte wie Erdnussbutter.

So wird aus Erdnussbutterfreude schnell Umweltreue. Zugegeben, das Papier besteht zumindest aus Recyclingmaterialien, aber zu gut für die Tonne ist es allemal. 

Darum wird erstmal ein kleines Brainstorming angezettelt (Wortspiel beabsichtigt), was man besseres mit diesem Papier hätte anstellen können: 

  • Mindmaps und Projektmanagement-Übersichten zeichnen.
  • Einen kompletten Kindergarten mit Malunterlagen ausstatten.
  • Tausend Papierflieger basteln.
  • Sich zu Halloween als Mumie verkleiden.
  • 95 Thesen formulieren und aufschreiben.
  • 10.000 Unterschriften für eine Petition sammeln, die sich gegen Verschwendung bei Verpackungen richtet.

Während die Papierschlangen aber meist im Müll landen, werden die Kartons aufgehoben. In der Hoffnung, dass man sie irgendwann nochmal für irgendetwas gebrauchen könnte. Jeder Messi, der nicht Lionel heißt, wäre stolz auf uns. Doof, dass sie damit den Keller überfluten. Gut, weil für eine echte Überflutung dadurch kein Platz mehr ist. Schlecht, weil Überflutungen so nicht funktionieren.

Aber was ist die Alternative? Wir haben jetzt zwar genug Notizzettel, um auch mit 90 Jahren noch unsere Einkaufszettel darauf schreiben zu können. Und einen weiteren Karton, der bei einem möglichen, aber gar nicht geplanten, Umzug praktisch wäre. Auf Dauer ist diese Art des Versandhandels, bei der Papier oder Ressourcen drauf gehen, aber nicht die beste Lösung.

Glücklicherweise gibt es kluge Köpfe, die sich Möglichkeiten überlegt haben, um den Verpackungsmüllbergen ein Ende zu setzen. 

Das Umweltkartenspiel Ökofuzzi kommt bei einer Onlinebestellung beispielsweise in einer Biomülltüte aus Recyclingpapier, die nach Erhalt direkt als solche verwendet werden kann. Durch eine Kooperation mit der Abfallwirtschaft Landkreis Aurich im Rahmen der “TRENN DICH KORREKT”-Kampagne stehen auf diesen Tüten sogar nützliche Hinweise zum richtigen Trennen von Biomüll. So entsteht kein Verpackungsmüll und Nutzer haben die Möglichkeit, die Papiermülltüte als Ersatz für die klassische Plastiktüte zu testen, die sonst immer noch in kleinsten Teilchen in unserem Kompost landen würde.

Müssen dennoch Kartons benutzt werden, können besonders Unternehmen, die viele Retouren erhalten, durch die Wiederverwendung bereits benutzter Kartons eine Menge Geld und Ressourcen sparen. So lange er nicht komplett zerstört ist, macht es keinen Unterschied, ob so ein Karton schon mal auf Reisen war oder frisch aus der Fertigung kommt. Will man die Kunden direkt darauf hinweisen, dass kleine Dellen einen Grund haben, nimmt man einen Stempel und verkündet, dass ab jetzt das Motto “Verpacken mit Macken” gilt. Dadurch wird aus einem Karton mit Macke ein Statement für die Umwelt. Andere Unternehmen verwenden hierfür beispielsweise auch Sticker mit Aufschriften wie “I’m a reused package” oder “Dieses Paket hat ein zweites Leben”.

Source: Original RePackDer erste Schritt ist also denkbar einfach: Eine Einweg-Verpackung mehrfach benutzen. Aber gibt es nicht auch Verpackungen, die direkt als Mehrweg-Produkt konzipiert wurden? Na sicher doch.
Ein finnisches Start-Up hat sich genau hiermit beschäftigt. Mit Repack werden Waren oder Dokumente mit einer flexiblen Verpackung versendet. Diese gibt es in drei Größen und besteht aus recycelten Materialien. Nachdem die Lieferung angekommen ist, kann das leere Repack auf die Größe eines Briefumschlags gefaltet und in den nächsten Briefkasten geworfen werden. Beim Hersteller wird die Verpackung dann einfach wiederverwendet. Und noch ein Bonus: Das Nutzen von Repack ist mit einem Bonussystem verbunden, bei dem Nutzer Punkte für umweltfreundliche Verpackungen bekommen und diese als Spenden weitergeben oder als Gutschein nutzen können.

Eine andere, etwas platzintensivere Lösung gibt es bereits in Deutschland. Memo, ein nachhaltiger Onlineshop für verschiedenste Bereiche, bietet als Versandoption die “memo Box” an. Die Kunststoffbox aus Recyclingmaterialien wird, wie auch Repack, als Mehrweg-Produkt verwendet, das nach Erhalt ohne zusätzliche Kosten zurückgesendet werden kann.

Das System muss aber nicht auf den Onlinehandel beschränkt bleiben. Stellt euch vor, der große Umzug steht vor der Tür und ihr habt leider keinen Lebensvorrat an Kartons im Keller, der sehnsüchtig darauf wartet, von euch genutzt zu werden. Der erste Gedanke der meisten Menschen ist wohl: Ab zum Baumarkt und Umzugskartons kaufen. Da die aber oft kaputt gehen und man sie danach meist nicht so schnell wieder braucht, hat sich ein Unternehmen überlegt, dass Umzugskisten zu mieten doch viel sinnvoller wäre. Dabei entsteht weder Müll, noch der Stress die Kartons entsorgen zu müssen.

Man sieht, dass es im Bereich Verpackungen bereits viele Ideen gibt, die uns das Leben nachhaltiger machen. Dass Mehrwegsysteme sehr gut funktionieren, sieht man schließlich auch bei anderen Produkten, besonders bei Getränken. In Zukunft sollten wir uns fragen, wo wir diese noch anwenden könnten und wie wir diese anpassen müssen, damit sie auch funktionieren. Und wenn es dann schon ein Einweg-Produkt ist, sollte man versuchen, die Lebensdauer so weit wie möglich zu verlängern. Also, wie versendet ihr in Zukunft eure Pakete?


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